Kanuabenteuer samt Zelten in Westkanada – Mit dem Kanu entlang des Athabasca River!

Seekajak - Fjord

Kanuabenteuer in Kanada. Das, was jedes Abenteuer so besonders macht, ist für mich das Unbekannte. Nicht zu wissen, was wirklich passieren wird und dennoch alles zu geben und weiter zu machen. Letztendlich ist jedes Abenteuer eine Herausforderung und nur wenn du deine Grenzen überwindest, kommst du ans Ziel.

Genauso war es auch dieses Mal, als ich zusammen mit Line mehrere Stunden einen reißenden Fluss mit unserem vollbepackten Kanu runter gepaddelt bin. Bevor wir dann auf einer einsamen Insel mitten in der Wildnis Westkanadas unser Zelt aufstellten. Wir haben gleich mehrmals überlegt, aufzugeben und wieder an Land zu gehen. Allerdings warteten dort wilde Bären, Berglöwen und ein Rudel Wölfe auf uns. Aufgeben war also keine Option. 

Wie es uns während diesem Kanuabenteuer ergangen ist, welche Höhen und Tiefen wir erlebt haben und warum wir unsere Grenzen nicht nur einmal überwinden mussten, erfährst du in den nächsten Zeilen!

Kanuabenteuer – Mit dem Kanu zu einer einsamen Insel im Westen Kanadas.

Die Vorbereitung:

Eigentlich hätten wir Jean-François um 10 Uhr morgens beim Pure Outdoors Outfitters Laden im kleinen Örtchen Jasper, Kanada treffen sollen. Der Termin war geplant um unser Kanu und das restliche Equipment abzuholen. Aus 10 Uhr wurde dann aber 10:45 Uhr. Mir war natürlich erst in letzter Minute eingefallen, dass wir für unser Kanu- und Zeltabenteuer auch noch so einige wichtige Dinge benötigen. Sachen wie ein Feuerzeug, Grillanzünder und vielleicht auch ein Taschenmesser würden sicherlich nützlich sein. Also fuhren wir schnurstracks zum nächsten Supermarkt. Dort kauften wir die wichtigsten Utensilien, die du als Abenteurer so brauchst, und etwas zu Essen für die nächsten zwei Tage. Um richtig wach zu werden, holten wir uns auf dem Rückweg noch zwei Flat White im besten Café der Stadt: der Bear Paws Bakery.

Gepackt hatten wir bereits am Abend zuvor und an Anziehsachen hatten wir auch nicht wirklich viel dabei. Nur frische Unterwäsche, ein Paar dicke Socken, ein frisches Hemd, eine weitere Sweater-Jacke und meine Schlafanzughose. Dafür kam natürlich noch unser ganzes Kameraequipment dazu, das locker 7 Kilo auf die Waage bringt. Unser Zelt, die Schlafsäcke und Isomatten, Campingstühle, einen Gaskocher, Geschirr, Pfanne und Töpfe sowie eine Axt und eine Lampe hatten wir schon in Banff in unseren Jeep geladen und mussten es nun nur noch ins Kanu hieven.

Kanuabenteuer – Erstmal zeigte uns Jean-François aber die Tour auf einer Karte, wo wir mit unserem Kanu in den Fluss einsteigen würden. 

Außerdem, wo gefährliche Stellen sind und wir gut aufpassen müssen und wo letztendlich die Insel ist, auf der wir übernachten würden. Wir haben beide ein Paddel bekommen. Lines war etwas kleiner als meins und dazu gab uns Jean-François noch ein Ersatzpaddel. Außerdem natürlich jeweils eine Schwimmweste im knallen Gelb – ein cooler Kontrast zu unserem roten Kanu. Zum Glück hatte er auch noch eine große Dry Bag für uns, in der wir unsere Kameras verstauen konnten. Diese war Gold wert, wie wir später feststellen mussten.

Jean-François fuhr mit seinem Van und zwei Kanus im Schlepptau los, wir mit unserem Jeep hinterher. Am Parkplatz angekommen, machte er ein Kanu für uns fertig, während wir all unser Zeug für dieses Kanuabenteuer aus dem Kofferraum holten. Danach ließ ich Line mit dem Kanu und all den Sachen allein. Der Plan war, dass Jean-François mit mir bis zum Ende der Kanutour fahren würde, damit ich dort unseren Jeep abstellen kann. So können wir am nächsten Morgen ganz bequem zurück nach Jasper fahren.

Kanuabenteuer – Auf dem Rückweg hielten wir mit seinem Van ein paar Mal an. Jean-François wollte mir noch die gefährlichsten Stellen zeigen und ein paar Tipps geben, wie wir mit unserem Kanu am besten fahren sollten. 

Mein Kopf brummte und ich versuchte mir all die Infos zu merken. Plötzlich kam eine kurze, aber starke Regenschauer auf und ich machte mir schon Sorgen, ob wir bei dem Wetter überhaupt los paddeln könnten. Zudem legten wir noch einen kurzen Stopp bei ihm Zuhause ein, weil es auf der Insel wohl kein trockenes Feuerholz geben würde und Jean-François uns etwas von seinem geben wollte. Kanadier sind einfach super nette Menschen!

Rund eine Stunde später waren wir wieder bei Line am Parkplatz und dem Ort, wo unser Kanuabenteuer starten sollte. Sie hatte in der Zwischenzeit das Kanu mit all unseren Sachen bepackt. Zwischendurch wurde sie immer wieder von vorbeikommenden Leuten angesprochen. Ein Vater, der mit seinen zwei Kindern für einen Wochenendausflug im Jasper Nationalpark unterwegs war und aus Edmonton kam, gab ihr ein paar praktische Tipps, worauf beim Kanufahren so alles zu achten ist.

Genau das erzählte mir auch Jean-François. 

Wir sollten unbedingt auf die Bäume am Uferrand Acht geben, denn diese seien besonders gefährlich. Hier wird zwischen sogenannten Sweepers und Strainers unterschieden. Während Sweepers Hindernisse sind, die vom Ufer ins Wasser hängen – also meistens umgefallene Bäume -, sind Strainers solche, die bereits unter Wasser gedrückt worden sind. Mit beiden ist nicht zu spaßen, denn wenn du an ihnen hängen bleibst, kommst du so gut wie nicht mehr raus und ertrinkst im schlimmsten Fall.

Mit dieser Warnung stiegen wir vorsichtig ins Kanu – Line etwas unentspannter als ich.

Kanuabenteuer – Die ersten Kilometer ohne wirkliche Kontrolle

Line saß bereits vorne im Kanu, ich schob es weiter in den Fluss und setzte mich dann hinten rein. Wir waren endlich auf dem Wasser. Und schon passierte das erste Unglück. Ich verlor das Gleichgewicht, unser Kanu kippte stark nacht links, dann nach rechts und wieder nach links. Eine ordentliche Menge an Wasser schwappte in unser Kanu. Line schrie panisch und auch ich bekam leicht Schiss.

Wir schafften es, das Kanu wieder zu stabilisieren und fuhren zur anderen Seite des Flusses, da wo das meiste Wasser lang floss und die Strömung am stärksten war. Denn genau das sollten wir machen, mit dem Wasserstrom mitfahren. Der Athabasca River – so heißt der Fluss – hatte zu diesem Zeitpunkt nämlich weniger Wasser als sonst. Deshalb war es am besten, dort zu fahren, wo die Strömung am stärksten und entsprechend viel Wasser ist. 

So konnten wir sicher sein, nicht auf Grund zu laufen und vor allem den richtigen Weg zu finden. 

Allerdings bedeutete das auch, größtenteils durch reißende Strömungen und sogenanntes White Water zu paddeln. Die Stimmung war ziemlich angespannt. Line hatte krasse Angst und ich ehrlich gesagt keine Ahnung, was ich da tat. Wir hielten kurz auf einer Sandbank, um das ganze Wasser mit Schwamm und aufgeschnittenem Kanister aus dem Kanu zu schaufeln. Dann  fuhren wir wieder mit einem halbwegs trockenen Kanu weiter. Wir versuchten uns zu koordinieren, hatten nun etwas mehr Kontrolle über das Kanu als auf den ersten Hundert Metern. Wirklich sicher fühlten wir uns aber beide nicht.

Kanuabenteuer – Lines Panikattacke und Abbruchgedanken

Wir hielten etwas später nochmals am Ufer, da ich die Perspektive der Kamera ändern wollte und auf einmal bekam Line eine richtige Panikattacke. Sowas habe ich noch nie erlebt und so kannte ich Line auch nicht. Sie hatte Angst und sie wollte nicht weiter. Vor uns wartete ein ziemlich breiter Flussabschnitt mit einer reißenden Strömung und wir mussten ausgerechnet einmal komplett rüber und auf die andere Seite, um den richtigen Weg zu nehmen.

Line fing an zu weinen und zitterte am ganzen Körper. Ich wusste nicht ganz, wie ich reagieren sollte und machte die Situation durch mein genervtes Anschreien nicht wirklich besser. Was waren denn schon die Optionen? Ja, zugegeben hatten wir nur wenig Kontrolle über unser Kanu und die Strömung des Flusses war nicht ohne. 

Jetzt aufzugeben würde aber bedeuten, das Kanu und all unsere Sachen hier stehen zu lassen und den ganzen Weg zu Fuß am Ufer zurück zu laufen. Dass in einem Gebiet, wo Bären, Berglöwen und sogar Wölfe herumstreifen.

Kurz überlegte ich auch, allein weiter zu machen, gab Line das Bärenspray in die Hand und sagte ihr, sie solle einfach zurücklaufen. Natürlich war das von mir nur so daher gesagt und lies die Situation noch weiter eskalieren. Wir schrieen uns an, wussten nicht was wir tun sollten und waren verzweifelt. Sollten wir einfach aufgeben, kein allzu großes Risiko eingehen und gemeinsam zurück laufen?

Wir diskutierten mindestens eine halbe Stunde, bis die Sonne rauskam und wir uns langsam wieder beruhigten. Wir hatten uns entschieden. Wir würden die Sache durchzuziehen und weiter den Fluss entlang mit unserem Kanu fahren. Wir würden das schaffen, versicherte ich Line.

Kanuabenteuer – Neuer Mut und mehr Kontrolle

Ich sprach nun die ganze Zeit mit ihr, tat so, als hätte ich die volle Kontrolle und wüsste genau, was zu tun ist. Immerhin habe ich mal am längsten Kanumarathon der Welt in Dalsland teilgenommen. Außerdem waren wir beide schon in mehreren Ländern auf der Welt gemeinsam Kajaken: Ob in den Milford Sounds in Neuseeland, über einen Fluss in Südafrika, auf einem See in Schweden oder durch die Everglades unter Alligatoren bei Nacht in Florida. Wir hatten also Erfahrung was das Paddeln zusammen, aber auch allein angeht.

Doch in einem Kanu auf einem reißenden Fluss sah das nunmal ganz anders aus. Dank meinem konstanten Geschwafel schaffte ich es, für mehr Ruhe zu sorgen und dafür, dass wir uns besser koordinierten. Wir hatten nun tatsächlich größtenteils Kontrolle über unser Kanu. 

Aber auch die nächsten Kilometer gingen mit viel Panik und wenig Entspannung einher.

Immer wieder kamen wir über reißende Strömungen oder in einer Kurve gefährlich nahe ans Ufer und den geradezu lebensbedrohlichen Sweepers und Strainers. Auch der Weg war nicht ganz so leicht zu finden, da das Wasser des Athabasca River wirklich stark zurück gegangen war und so mehrere Ströme im Flussbett entstanden waren und diverse Sandbänke hervorkamen. Wir mussten des Öfteren ziemlich spontan entscheiden, wo es lang gehen sollte, rechts oder links, oder einfach durch die Mitte.

Kanuabenteuer – Hirsche und Rentiere am Uferrand

Ich glaube, Line schaute die ersten drei Stunden kaum in Richtung Land, sondern nur aufs Wasser, ihr Paddel und die Spitze unseres Kanus. Während ich auch immer wieder aufs Ufer schielte, um nach wilden Tieren Ausschau zu halten. Tatsächlich, sah ich eine kleine Gruppe von drei riesen großen Hirschen! Der Wahnsinn!

Wenn du mit dem Kanu oder Kajak unterwegs bist, kommst du Wildtieren viel näher. Du begegnest ihnen auf eine ganz besondere Art und Weise, weshalb ich diese Art der Fortbewegung auch so genial finde. Ich werde diesen Anblick der Hirsche jedenfalls nie wieder vergessen. Auch wenn ich immer noch erstaunt darüber bin, wie schlecht man so große Tiere wie Hirsche doch erkennt. Ähnliches habe ich schon auf unserer Walking Safari in Südafrika erlebt, als plötzlich wie aus dem Nichts Elefanten hinter den Büschen hervorkamen. Riesen Tiere, die sich nahezu lautlos und fast unsichtbar ihren Weg durch die Natur zu bahnen scheinen.

Etwas später legten wir Pause am Uferrand ein und sahen im Sand dicke Tatzenabdrücke von einem Bär oder gleich mehreren Bären, die nicht sehr alt sein konnten. In der Ferne erspähten wir zudem ein riesiges Rentier mit Geweih. Ein ziemlich imposanter Anblick. Wir tranken ein wenig Wasser, Line aß noch eine Banane und schon paddelten wir wieder weiter.

Kanuabenteuer – Starker Wind und schwindende Kräfte

Wir wussten nicht, wie spät es war, aber wir wussten eins, bis zur Insel kann es nicht mehr weit sein. Doch wir täuschten uns, und zwar gewaltig. Denn gegen Nachmittag nahm der Wind stark zu. Das währe kein Problem gewesen, hätten wir tail wind, also Rückenwind gehabt. Aber nein, der Wind musste uns natürlich volle Kanne von vorne ins Gesicht blasen.

Das machte das Paddeln umso anstrengender und die Navigation umso schwieriger. Statt gleichmäßig und mit einer anständigen Geschwindigkeit nach vorne zu paddeln, fuhren wir nun mehr oder weniger im Zickzack-Kurs, da der Wind unser Kanu immer wieder nach links oder rechts blies und so umdrehte.

Wir kamen an eine etwas breitere Stelle des Flusses, die fast schon einem schmalen See ähnelte. Die Strömung hatte hier nachgelassen und war so gut wie verschwunden. Wir mussten also noch stärker paddeln, da uns das Wasser nun nicht mehr mitnahm, und auch der Wind wurde immer stärker. Wir fuhren fast rückwärts, hatte ich das Gefühl.

Es war einfach nur ätzend und auch hier überlegten wir, ob wir nicht einfach aufgeben und an Land gehen sollten. 

Aber weit und breit war nichts außer Wald und außerdem hatten wir den Großteil der Strecke bereits hinter uns gebracht. Aufgeben war also auch diesmal keine Option. Stattdessen legten wir eine zweite Pause auf einer Sandbank ein, schmierten uns Käsebrote und machten ein paar Übungen, um unsere Muskeln zu dehnen.

Kanuabenteuer – Wo ist denn diese verdammte Insel?!

Nach ein wenig Kräfte tanken setzten wir uns wieder in unser Kanu. Uns war mittlerweile ziemlich kalt und wir mussten weiter und uns bewegen. Endlich war die Brücke in Sicht, über die ich zuvor mit Jean-François gefahren war und von der aus es nur noch 20 Minuten zur Insel sein sollten. Ich sagte Line, dass wir es gleich geschafft hätten und jetzt noch ein letztes Mal durchhalten müssten.

Wir paddelten eisern gegen den Wind, der Fluss wurde wieder enger und die Strömung stärker. Wir meisterten ein paar brenzlige Kurven, indem wir unser Kanu queer stellten und einfach mit der Strömung mit schwammen. Vom Ufer hingen mehrere Bäume runter ins Wasser, wir mussten also richtig gut aufpassen, mit unserem Kanu nicht in einen Sweeper zu knallen.

An einer anderen Stelle trafen mehrere Strömungen aufeinander und es entstanden krasse Unterwasserwirbel, in die wir mit unserem Kanu fast reingeraten wären. 

Zum Glück war unsere Zusammenarbeit nun, nach bereits mehreren Stunden im Kanu auf dem Wasser, richtig gut. So schafften wir es, ganz knapp an den Wirbeln vorbei zu fahren und diese zu umgehen. Wer weiß, was passiert wäre, wenn wir in diese reingeraten wären.

Es war bereits eine halbe Stunde vergangen, seit wir die Brücke unterquert hatten und die Insel war weit und breit nicht zu sehen. So langsam fragte ich mich, ob wir vielleicht irgendwo falsch abgebogen waren. Das Wasser hatte sich in mehrere Ströme aufgeteilt und nicht nur einmal hätten wir den falschen Strom erwischen können. Vielleicht hatten wir auch einfach das Schild übersehen, dass am Ufer der Insel zu sehen sein sollte und auf den Zeltplatz verwies. Oder waren die 20 Minuten, von denen Jean-François sprach, schlichtweg eine falsche Angabe? Schließlich kam bei unserer Tour nun auch noch der ziemlich starke Wind hinzu und wir kamen kaum vorwärts.

Kanuabenteuer – Endlich wieder an Land!

Ein Schild! Dahinten ist eine Insel mit einem Schild! Line und ich waren total aufgeregt, denn es schien, als wäre die Insel nun endlich vor uns. Wir paddelten eifrig, bündelten unsere letzten Kräfte zusammen und umso näher wir der Insel kamen, umso deutlich war das Schild zu erkennen: ein beiges Dreieck mit einem gelben Zelt drauf.

Die letzten paar Hundert Meter fühlten sich wie eine halbe Ewigkeit an. Wir hatten das Gefühl, kaum vorwärts zu kommen, obwohl wir viel stärker paddelten als zuvor. Doch dann war es endlich soweit: Die Spitze unseres Kanus rammte das Ufer der Insel – wir hatten es geschafft. Wir waren endlich auf der Insel angekommen!

Wir zogen unser Kanu komplett aus dem Wasser, nahmen das Bärenspray in die Hand und erkundeten unser Zuhause für die bevorstehende Nacht. 

Line zog kurz ihr Handy aus der Tasche, um zu schauen, wie spät es mittlerweile war: halb 7! Wir waren fast sechs Stunden auf dem Wasser. Sechs Stunden hatte unser Kanuabenteuer insgesamt gedauert – wow! Kein Wunder, dass wir nun so kaputt waren.

Wir wateten am Uferrand entlang und dann wurde ein kleiner Trampelpfad sichtbar. Wir folgten diesem bis wir an eine kleine Lagerfeuerstelle mit Sitzbank und Holztisch gelangten. Wir liefen weiter entlang des Pfades, erst nach links, wo uns eine kleine Toilette im Freien überraschte und später zwei mit Holzstämmen auf dem Boden ausgewiesene Zeltplätze.

Wir gingen den Weg wieder zurück und dann nach rechts, kamen an einer kleinen Metallbox vorbei, die mit einem speziellen Verschluss versehen war, um Bären fern zu halten. 

In dieser Box befanden sich neben einer großen, blauen Plane auch mehrere Holzstücke sowie Zeitungspapier zum Anzünden. Der Weg führte noch ein wenig weiter bis zum anderen Ende der Insel, von wo aus wir einen genialen Blick auf die umliegenden Berge und den Athabasca River hatten.

Die Insel war nur durch einen schmalen Strom des Flusses vom eigentlichen Festland getrennt. Denn durch den Rückgang des Wasser wurden auch hier weite Sandbänke freigelegt, die einen nahezu trockenen Übergang ermöglichten. Bären würden also ohne Probleme auf die sonst vom Wasser umgebene und vom Festland abgeschotteten Insel kommen. Line bekam wieder leicht Panik.

Kanuabenteuer – Zeltaufbau und wärmendes Lagerfeuer

Wir gingen zurück – das Bärenspray immer griffbereit – und holten unsere Sachen aus dem Kanu. Danach ging es an den Zeltaufbau. Rund 15 Minuten brauchten wir, bis alles stand, unsere Isomatten aufgeblasen und unsere Schlafsäcke ausgerollt waren. Unser Bett für diese Nacht war fertig und sah nach dieser anstrengenden Tour sogar richtig gemütlich aus.

Aber nicht nur unsere müden Muskeln, auch unser Magen machte sich bemerkbar. Wir liefen zurück zur Lagerfeuerstelle, ich hackte ein wenig von Jean-François‘ Holz klein und machte uns ein Feuer. Die Wärme, die von den Flammen ausging, tat richtig gut und so langsam konnten wir nach all der Anstrengung und Anspannung ein wenig entspannen.

Endlich was zu Essen

Wir packten unser restliches Camping-Equipment aus, ich machte uns Tee. Dann schnitt ich eine Zwiebel klein, und schmiss diese zusammen mit bereits klein geschnittenen Championscheiben in die Pfanne überm Feuer. Gebratene Zwiebeln riechen einfach herrlich, besonders, wenn man wie ich zu diesem Zeitpunkt so Hunger hat. Wir legten noch zwei Steaks auf den Grillrost und aßen wenig später unser selbstgekochtes Mal.

Die Sonne war bereits untergegangen und der Mond leuchtete hell über unseren Köpfen. Jedes Rascheln der Blätter und Knacken der Bäume im Wind ließ Line leicht zusammen zucken. Es könnte schließlich ein Bär auf die Insel gekommen sein. Unsere Lampe stand die ganze Zeit neben uns und wir hielten Augen und Ohren offen.

Kanuabenteuer – Eine kalte Nacht mitten in der Wildnis

Ich kann es nicht genau sagen, aber es muss um die 10 Uhr gewesen sein, als wir das Feuer mit Wasser aus dem Fluss löschten. Wir packten alles wieder zusammen und verstauten es in der vor Bären sicheren Metallbox. Dann machten wir uns auf den kurzen Weg zu unserem Zelt. Ich zog meine Schlafanzughose an und Line ihr dickes Paar Socken.

Blöderweise hatten sich unsere Schlafsäcke und Isomatten durch das Kippen des Kanus ganz am Anfang unserer Tour mit Wasser vollgesogen und waren ziemlich klamm und teilweise richtig nass. Wir kuschelten uns dennoch in diese hinein, zogen den Reißverschluss unseres Zeltes zu und machten das Licht der Lampe aus.

Uns sollte Jaspers erste Nacht mit Minusgraden bevorstehen. Wir wachten in dieser Nacht beide mehrmals vor Kälte auf und wirklich ruhig schlafen konnten wir sowieso nicht. Der Gedanke, dass jederzeit ein Bär oder gar Wölfe um unser Zelt schleichen könnten, war nicht wirklich beruhigend. Zudem fühlte sich der Boden trotz der Isomatten steinhart an und es war alles andere als bequem.

Von den ersten Sonnenstrahlen geweckt

Immer noch hundemüde von unserem Kanuabenteuer und nicht wirklich erholt wachten wir am nächsten Morgen mit den ersten Sonnenstrahlen auf. Gegen 7 Uhr öffneten wir unser Zelt und wurden mit einer Wahnsinns-Aussicht auf die von der gerade aufgehenden Sonne bestrahlten Berge begrüßt. Auf unserem Zelt hatte sich über Nacht eine dicke Eisschicht gebildet und jedes Ausatmen hinterließ eine kleine Wolke in der Luft.

Uns war einfach nur kalt. Ich lief sofort zur Lagerfeuerstelle, machte uns wieder ein Feuer und kochte uns Wasser für einen wärmenden Tee auf. Line kam etwas später hinzu und gemeinsam aßen wir ein einfaches, aber dafür umso leckereres Frühstück: Es gab Spiegeleier mit gebratenem Speck und den restlichen Championscheiben vom Abendessen. Dazu machten wir uns noch das Baguette vom Vortag überm Feuer warm. Schon hatten wir alles, was ein Abenteurer morgens als Start in den Tag braucht – außer einen guten Kaffee vielleicht.

Nach dem Frühstück hieß es das Zelt wieder abbauen, alles zusammenpacken und ins Kanu laden. Ich überließ Line wieder das Beladen unseres Kanus, schließlich hatte sie es auch am Tag zuvor gemacht und unser Kanu war gut ausbalanciert. Alles war fertig und es konnte losgehen!

Kanuabenteuer – Die letzte Etappe bis zum Auto

Unser Kanuabenteuer in Kanada neigte sich dem Ende entgegen. Der Fluss war wesentlich ruhiger als noch am Tag zuvor. Es wehte kaum ein Wind und die Sonne schien am strahlend blauen Himmel – einfach der Hammer. Vor uns erstreckten sich die Rocky Mountains mit schneebedeckten Gipfeln. Am Fuße der Berge färbten sich die Blätter der paar Laubbäume langsam gelb und orange, während sich ringsherum dunkelgrüne Tannenwälder erstreckten.

Wir paddelten gemächlich los, auch wenn Line anfangs wieder leicht Angst hatte. Diese verschwand aber erstaunlich schnell und anders als am Tag zuvor drehte sich Line nun auch nach links und rechts. Dabei hielt sie Ausschau nach wilden Tieren am Ufer und genoss die atemberaubende Kulisse, in der wir unterwegs waren.

Das Wasser schimmerte in den Sonnenstrahlen und teilweise kam die für Albertas Seen und Flüsse so typische blau-türkise Farbe hervor. Wir waren zwar noch super erschöpft von unsere vorherigen Tour, aber gleichzeitig unendlich glücklich. Mit dem Kanu bei schönstem Herbstwetter über den Athabasca River zu paddeln ist eine unbeschreiblich geniale Erfahrung.

Wir paddelten noch für rund eine Stunde bis wir wieder den Highway am Ufer sehen konnten. 

Irgendwo zwischen den Büschen und Bäumen wartete unser Jeep auf uns. Allerdings führte der Fluss nun nur noch so wenig Wasser, dass wir mit unserem Kanu auf Grund liefen. Die letzten Hundert Meter hieß es also Schieben und Ziehen statt Paddeln.

Es waren wieder deutliche Bärenspuren auf dem Sand zu erkennen. Egal, wir mussten zum Ufer und das Kanu aus dem Wasser holen. Endlich hatten wir den Spot gefunden, den mir Jean-François knapp 24 Stunden vorher gezeigt hatte und da stand er auch: unser Jeep. Wir hievten das Kanu aus dem Wasser und fingen gerade an, alle Sachen auszuräumen, als uns Jean-François mit seinem Van samt Anhänger auf der anderen Straßenseite entgegen kam.

Eigentlich wollten wir um 10, spätestens um 11 Uhr mit der Tour fertig sein und Jean-François dann Bescheid geben, dass er das Kanu wieder abholen kann. Wir schauten auf die Uhr: es war schon 20 vor 1! Wir hatten uns ganz schön Zeit gelassen mit allem und es war wirklich ein purer Zufall, dass er genau zur gleichen Zeit wie wir ankam.

Kanuabenteuer – Seine Grenzen zu überwinden bedeutet pures Glück!

Wir packten unser Zeug wieder in den Jeep, plauderten noch ein wenig mit Jean-François und fuhren mit einem breiten Grinsen im Gesicht davon.

Diese Kanutour war ein echtes Abenteuer und eine ziemlich krasse Herausforderung. Wir hätten beinahe aufgeben – und das nicht nur einmal. Sechs Stunden lang sind wir am Tag zuvor gepaddelt, haben gegen den Wind und die starken Strömungen angekämpft. Wir haben unser Bestes gegeben, um nicht in einen Baumstamm reinzufahren oder gar auf Grund zu laufen. Außerdem haben wir auf einer einsamen Insel übernachtet, keine Menschenseele weit und breit, dafür wilde Bären, Berglöwen und Wölfe in der Nähe. Bei Minusgraden haben wir uns in unsere nassen Schlafsäcke gekuschelt. Am nächsten Morgen sind wir von der Sonne geweckt worden, mit einer Eisschicht auf unserem Zelt und einer der geilsten Aussichten, die man nur haben kann.

Wir haben unsere Grenzen überwunden und sind dafür mit einer unglaublich genialen Erfahrung belohnt worden. Eine Erfahrung, die wir so schnell nicht vergessen werden. Denn wenn man nicht aufgibt, sondern weitermacht, an sich glaubt und unstoppable wird, dann warten die besten Momente und das pure Glück auf einen!

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So kannst du dieses Kanuabenteuer in Kanada nachmachen!

Die Kanutour kannst du direkt bei Jean-François bzw. bei Pure Outdoors Outfitters buchen. Das Kanu kostet am ersten Tag 80 CAD für zwei Personen und dann 60 CAD für jeden weiteren Tag. Wenn du dich auch von Jean-François zum Startpunkt bringen und vom Endpunkt wieder abholen lassen willst, kostet dies 30 CAD extra. Das Zelten auf der Athabasca Island ist kostenlos, da sich dieser Zeltplatz in einer sogenannten Backcountry Zone befindet. Du musst dich aber im Voraus bei Parks Canada anmelden und den Zeltplatz somit offiziell reservieren. Insgesamt bist du bei anderthalb Tagen Kanuabenteuer und Zelten also bei 170 CAD zu zweit, das sind rund 115 Euro und echt nicht viel Geld für eine so geniale Erfahrung!

Hinweis: Du solltest schon einiges an Kanu- oder zumindest Kajakerfahrung mitbringen, bevor du dich in dieses Abenteuer stürzt. Denn auf einem reißenden Fluss zu paddeln ist schwierig und kann aufgrund der Strömungen, abgeknickten Bäume und Felsen im Wasser sogar lebensgefährlich sein. Mach dieses Kanuabenteuer also nur nach, wenn du bereits ein guter Paddler bist und weißt, wie du ein Kanu sicher übers Wasser manövrierst!

Sebastian Canaves
Sebastian Canaves - Reise
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10 Kommentare

  1. Wow echt cool. Klingt nach einem richtigen Abenteuer. Erst wenn das Herz beginnt zu klopfen, geht der Spaß richtig los und solche Memente bleiben uns dann in Gedanken! Cooler Text. Danke und viele Grüße, Alex

  2. Wow, krasser Bericht. Mich wundert es ein wenig, dass man solch eine Tour ohne Guide machen kann, wenn es mit den Strömungen, Bäumen und Tieren so gefährlich ist. Hätte es keine Hilfe gegeben, wenn etwas passiert wäre? Ein Tour-Anbieter lässt einen ja eigentlich nicht auf Tour, wenn man mal „fix“ pertrinken kann … ?

  3. Das ist ein Trip ganz nach meinem Geschmack. Da ich selbst in 4 Wochen nach Alaberta gehe, überlege ich mir tatsächlich diese Tour zu buchen. War das ein Pauschalangebot, wenn man auf den Link klickt bekomme ich nicht wirklich viel Infos? Bzw. wenn man nur 1-2 x bisher Kanu fahren war, ist es wirklich nicht empfehlenswert für Anfänger?

    Grüße,

    Liv

    1. Es kommt auf die Bedingungen vor Ort an. Wenn viel Wasser im Fluss ist, dann ist das in Ordnung, da die Strömung dann nicht so krass ist. Mit wenig Wasser würde ich es nicht mehr machen!

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